Hannelore Bockamp

Hannelore Bockamp

geb. Johae
* 07.04.1927 in Köln
† 11.05.2015 in Duisburg
Erstellt von Elke Bockamp
Angelegt am 13.05.2015
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Über den Trauerfall (3)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Hannelore Bockamp, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Liebe Mama ...

20.05.2015 um 12:21 Uhr von Elke

 birdie

… ganz sicher gibt es da im Himmel Bits und Bytes oder jemanden, der versteht, die virtuellen Zeichen gegen eben solche Worte, welche im Jenseits gesprochen werden, auszutauschen.

 

Ich schreibe dir über den Tag, an dem du beigesetzt worden bist. Mir ist ein bisschen flau gewesen, weniger wegen des Abschiednehmens als mehr vor der Sorge, es allen gerecht zu machen oder den richtigen Ton zu treffen, bzw. das richtige Gefühl.  Es ist auch unsere erste Beisetzung, bei der wir ‘Ausrichter’ sind und nicht Mitentscheider — du, die Rede ist von Karin und mir.

 

Die wohl beste Entscheidung ist die Wahl des Bestatters gewesen. Insbesondere Frau Unverricht von ‘Bestattungen Jung’ zeigt  sich als wahres Goldstück. Vom Erstgespräch bis zum Verlassen der Kapelle hat sie einfach an alles gedacht und uns hervorragend in allem Organisatorischen unterstützt. Stell dir vor, einmal wollte ich ihre eMail-Adresse im Internet herausfinden und fand im Netz, dass sie Deutschlands beste Bestatterin ist.

 

Natürlich hätte dich das interessiert und gefreut. Aber entschuldige die Abschweifung. Zurück zum gestrigen Tage. Meine große Sorge gilt erst einmal Stefan, weil er auf der Orgel den Gottesdienst eröffnen will. Ob er die Orgel in der Kapelle bedienen kann? Nun, er hat sich souverän gegeben, wollte sich vorher mit Thomas treffen und gemeinsam mit ihm zu deiner Beisetzung kommen. ‘Unterirdisch’ mochte er nervös sein: Ob das klappt, wenn Thomas auf Peter trifft, und so weiter. Wir haben das vorher besprochen, doch Thomas ist zu Stefans Enttäuschung gar nicht erst aufgetaucht.

 

 

Hannelore

 

Umso mehr freuen wir uns über Oma Neuss. Oma Neuss, ebenfalls ‘Hannelore’, du weißt,wartet auf mich vor dem Friedhofseingang. Wir begrüßen uns herzlich und laufen den Weg zur kleinen Kapelle gemeinsam. Ich sage ‘Kleine Kapelle’, denn sie erinnert mich an eine Kapelle, eine andere Kapelle, vielleicht anthroposophischer Bauweise. Für mich hat sie gleichsam etwas erhabenes und winziges. Sie wirkt ebenso souverän wie gebrechlich. Klapprig, aber verehrenswürdig. Du würdest feststellen: fotogen!

 

Mondo sitzt vor den Stufen der Kapelle. Er ist ein paar Wochen zuvor die Treppen auf der Lotharstraße gestürzt und daraufhin im Bethesda gelandet – wo du auch bis Ende April gelegen hast. Karin ist oben vor dem Eingang der Kapelle und Fabio auch. Für Fabio kann es gar nicht schnell genug gehen. Er will hinein — auf dass es endlich los geht. In der Kapelle ist Stefan. Ich höre ihn spielen und es klappt soweit alles gut. Nur zu leise ist er. Peter erinnert sich, dass wir, die nahen Angehörigen, rechts vor des Pfarrers Rednerpult zu sitzen haben und wir verstauen Jacken, Rucksäcke und den Koffer für die Klarinette zwischen den Backsteinen und der vorderen Stuhlreihe.

 

Frau Unverricht übergibt ein Kuvert mit einer Kondolenz-Karte. Angetackert an die Folie mit schwarzer Schleife. Ich weiß gar nicht, was ich tun soll: Stefan an der Orgel aufmuntern, meinen Vorlesetext aus dem Rucksack holen, Peter beim Aufstecken der Klarinette zusehen oder die verlorene Oma ‘Neuss’ Hannelore schulterschließen. Mir schwant, es gibt weitaus mehr: Da steht der Sarg. Dein Sarg. Ich denke an Karin, sie hat ihn treffsicher auserkoren. Ich finde, er sieht gut aus in seinem schlichten Holz. Er sieht aus, als freue er sich auf eine gute würzige Erde. Jetzt steht er geduldig da und wartet auf den Gottesdienst.

 

 

Friedhofskapelle am 19. Mai

 

Denke kurz:  Bist du da drin? — Aber ich (ent)komme einem Ergebnis.

 

Vor dem Sarg die Blumen-Gebinde. Ich laufe sie ab. Frau Unverricht sagt: Es ist so, wie Sie es gewollt haben: bunt und schön gemischt. Die Typo auf den Schärpen ist eher schlicht, die Stoffe dezent, grün-weiß, oder weiß-grün. Von Karin und Mondo, dann von mir und Peter ein Bouquet, die Kinder ein eigenes extra: ‘Fabio und Stefan’ steht auf der Schleife.  Von Rübe gibt es ein Gesteck, sie schreiben: ‘Wilhelm, Hendri, Adelheid’ und ‘Shalom’ — Shalom, denke ich, passt gut.

 

Später wird Anne kommen und einen Korb mit bunten Blumen dazu stellen. Wer ist überhaupt da? Peter spielt die Klarinette warm, ich kann noch einmal vor die Kapellen-Türe gehen und schauen. Rübe und Adelheid sind eingetroffen. Dann erkenne ich eine Dame mit weißem Haar wieder, sie ist klein und schaut ein wenig neugierig: ob ich sie wiedererkenne, scheint sie zu fragen – Na klar, das ist Rose Gericke! Sie hat von deinem Tod in der Zeitung erfahren. Auch aus der Zeitung haben es Anke und Walter erfahren. Sie waren, wenn du dich erinnerst, an meinem Geburtstag mit unter meinen Gästen. Es tauchen zwei ältere Damen noch auf, die ich nicht kenne, die auch uns nicht kennen und sich orientieren, wer nun zu den Angehörigen gehört, vor allem, wer Hannelores Töchter sind.  Sie stellen sich als ehemalige Kolleginnen vor, namentlich: Dobbs und Spreer. Bei mir klingelt es, ich habe die Namen schon einmal gehört.

 

 

Im Haus Rösgen, später

 

Der Pfarrer steht bereits in seinem schwarzen Talar oben auf den Stufen und wir schauen dem kalten Regen zu, der in einem plötzlichen Schauer von Himmel fällt. Hoffentlich bleiben wir später trocken. Das Wetter ist ärger als im April, denke ich, auf den Regen folgt ein Regenbogen — augenblicklich wieder wie natürlich Sonne!

 

Es könnte losgehen, wäre Onkel Wilhelm gekommen. Keiner weiß, wo Onkel Wilhelm ist. Er sollte mit Rübe und Adelheid gekommen sein, doch die beiden sagen, er hätte sich ein Hotelzimmer in Duisburg genommen. Es ist sieben vor eins, um eins soll es losgehen! Mit Anne sind Klara und Karl Heinz da. Plötzlich wird mir – wie wir alle da in Schwarz stehen, bewusst, dass es noch nicht so lange her ist, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Kaum mehr als einen Monat ist zwischen Geburtstagsfeier und der heutigen Beerdigung vergangen.

 

Endlich biegt Onkel Wilhelm und die Ecke. Er sieht aus wie Papa, wenn man auf ihn gewartet hat und er dann mit hochgezogenen Augenbrauen fragt: ‘ist was?’

 

Sind wir komplett? — Nein, ich habe Brigitte vergessen, die gute Seele, die dich bis zum letzten Tag im Sterben begleitet hat, die deine Hand gehalten hat, die dir vorgelesen hat, die einfach nur für dich da war. Sie ist heute auch da.

 

In dem kleinen Kapellchen haben wir, als nahe Angehörige, rechts zu sitzen. Fabio, Mondo, Karin, Stefan, Peter und ich füllen exakt eine Stuhlreihe. Vor uns steht Pfarrer Nadolny am Rednerpult, die anderen Anwesenden haben den Blick wohl auf den Sarg gerichtet. Stefan spielt die Oma-Abschiedsmelodie auf der Orgel. Die Musik greift sofort! Traurige Anspannung. Sehr schön gespielt.

 

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Dein Sarg

 

Pfarrer Nadolny eröffnet den Gottesdienst. Wäre man nicht so bewegt und so traurig, würde man ein bisschen schmunzeln über seine Statur. Für mich sieht er aus wie eine Mischung aus Karl Marx und Osho. Dabei predigt er so eindringlich, dass ich denke, er wäre ein Erweckungsredner. Sein Blick geht streng oder eindringlich in die vordere Stuhlreihe und heftet sich mit Nachdruck an uns Hinterbliebene. Ich weiß nie genau, ob auf sein ‘Amen’ ein ‘Amen’ als Antwort unsererseits erzwingen soll. Wir schweigen ergriffen.

 

Dann lese ich deine Zeilen ‘Ich bin.’ Ich hoffe, man hört das in der Kapelle gut. Es ist nur komisch, dass am Ende des Gedichts keine Regung erfolgt. Dafür geht es mit Pfarrer Nadolnys Predigt – er wollte sie dreigeteilt gestalten, sagte er beim Vorgespräch – direkt weiter. Er erzählt vom Krieg, von dem jungen Mädchen, das nach Kriegsende 18 Jahre alt ist. Er erzählt von der jungen Frau, (du!) die den Gatten findet, die in das Haus auf der Lotharstraße einzieht — von der Terrasse erzählt er auch und dem späteren Wintergarten. Man denkt unweigerlich, der Pfarrer und du, ihr hättet euer halbes Leben in Freundschaft verbracht.

 

‘Wie war denn das im Krieg?’, will er wissen. ‘Und als der Krieg vorbei ist, ist sie gerade achtzehn.’ Wir sehen ein Mädchen, das sein Leben vor uns gelebt hat, das so war, wie wir mit achtzehn nicht waren, aber eben auch eigene Träume und Ziele hat. Wie schreibt dein Tanzpartner, Wolfgang Häfer, über diese Zeit: ‘Die Tanzschul-Dame aus Kirchberg beim Foxtrott in meinen Armen, keusch den Blick abgewandt und fein auf die richtigen Schritte achtend. Sie hatte mich bei ‘Damenwahl’ ausgesucht.

 

War es so? Wir haben die Bilder, aber nicht den Augenblick. Der Pfarrer erzählt deine Lebensgeschichte, fein verwoben in den Psalm 90: ‘Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen.’ Er erzählt von der Hochzeit, von den Töchtern (uns), dem Garten, der beruflichen Tätigkeit, dem Tarot- und Bibelkreis.

 

Ein Leben geht vorbei, vor unseren Augen. Ich hätte keinen Lebenszeitpunkt von dir dingfest machen können, ich hätte an keiner Stelle sagen können, du hättest ‘gehabt’ oder ‘seist gewesen.’ Es war alles durchdrungen vom Geist und der Zeit. Gleichsam durchlässig, wie auch vergeblich für immer zu halten.

 

Pfarrer Nadolny will uns Mut machen, er will den Abschied leicht machen: ‘Ehe denn Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit, der du die Menschen lässt sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!’

 

Peter wartet auf ein ‘Amen’, denn das ist das Stichwort für seinen musikalischen Einsatz. Und kaum dass der Pfarrer ‘Amen’ sagt und Peter endlich nun spielt, greift es mir sofort ans Herz. Wie oft haben wir zu Romis Zeit  ‘Shalom Alechem’ gehört und mitgesungen? Man möchte meinen, Peter erinnerte sich, doch er hat sich das Stück frei ausgedacht und variiert es spontan von traurig bis lebhaft. Zum Ende wieder leise. Die Klarinette passt. Für mich war dies der traurigste Moment des Abschiednehmens.

 


 Pfarrer Nadoly

 

Es folgt alles seiner Ordnung. Pfarrer Nadoly betätigt den Schalter hinter dem Pult und ruft die Sargträger. Diese sitzen wahrlich irgendwo ‘da unten’ und warten (verständlich!) anderweitig beschäftigt. Sie bekommen ihr Zeichen, alle sechs, ordnen die Uniformen, ziehen die Schirmmützen auf, stoßen die Tür zur Kapelle auf und dieses Aufstoßen gibt mir innerlich den Ruck und die Gewissheit, dass jetzt der letzte Gang – deiner – im wahrsten Sinnes des Wortes angetreten wird. Der ‘Sirtaki’ aus der Titelmusik ‘Alexis Sorbas’ geleitet uns hinaus.

 

Ich denke an das Pressefest, es muss Mitte der Achtziger gewesen sein. Himmel, hat es geregnet! Wir standen im Wedau-Stadion, spannten aus einer Plane einen Regenschutz: Romi, du und ich, wir lauschten Mikis Theodorakis’ ‘Canto Genenerale.’ Grandios!

 

Doch was bringt die Erinnerung jetzt? Dass alles seine Ordnung hat, hier? Denn es geht mit preußischer Genauigkeit an den Sarg, an die Griffe, an das Hochheben zu Sechst und vorher die Hand zum Gruße an die Uniformmütze. Noch in der Kapelle. Dann das Hinaustragen, die steile Treppe hinab. Die Sorge um die Sarg-Schräglage passt nicht zur Musik, diese wohl denn zum organisierten Ablauf.

 

Die Trauergesellschaft im Schlepp, das Diktat der Zeit, der Vergänglichkeit allen Tuns und Seins, doch bitte jetzt: Das-hinter-sich-bringen!, Seit an Seit, ganz wie die Sitzreihen belegt waren, so werden sie nun verlassen, so werden wir hinunterhinterherbahren. Paarweise, suchend oder umschauhaltend, eingegliedert oder einzeln im letzten Kollektiv als letztes WIR deiner Eskorte. Das muss so sein.

 

Der erste Gedanke: Gott sei Dank, es regnet nicht. Der zweite Gedanke: Es fängt an zu regnen. Der dritte Gedanke: Es ist Mai und nicht April? Der vierte Gedanke: Mama ist von April. Irgendwie gibst du Zeichen?

 

Den Grabplatz hätte ich nie wieder gefunden. Es geht lange geradeaus. Dann links. Ich memoriere, dass wir exakt vor einem Jahr an Papas Grab gestanden haben. Du, Mama – Peter und ich. So lebendig. Lebendig in der Unorganisiertheit. Drei Menschen orientierungslos über den Friedhof.

 

 

Karl Heinz, Mondo, Adelheid

 

Deinen Sarg finde ich schick. Er macht sich gut auf dem Wägelchen. Die Sargträger wirken wie sechs Würdenämtler, aber alles wirkt schräg. Jedes Steinchen, jedes Knurbelchen der Räder, wirkt skurril. Blumen liegen herum und es fallen welche vom Sargdeckel. Eine Frau steht am Rande, sie bekreuzigt sich.

 

Doch über allem und vor allem ist es kalt.

 

Wir erreichen das Grab. Zum dritten Mal stehe ich hier: Oma (unten), Papa (unten) und nun Du. Es regnet. Schirme werden geöffnet, Kapuzen hochgeschlagen. Ich denke daran, dass der Pfarrer bei der Predigt gesagt hat, er sei im Grunde krank, erkältet. Ich empfinde es als Zumutung für ihn, aber bevor ich dies denken kann, wischt er diese Sorge weg. Er weiß, was er tut, ob Regen, Wind oder Wetter. Vor uns die Kuhle, die Sargträger bändeln ab. Die Seile korrespondieren mit den Griffen. Jetzt wird alles klar, jetzt kommt auch der Punkt, vor dem wir bereits zweimal gewarnt worden waren: ‘Wenn der Sarg schlussendlich in die Erde hinab gelassen wird, muss man mit den schlimmsten Gefühlen rechnen, halten Sie sich bereit! Und bitte auch bereit, die Menschen am Grabe zu trösten.’

 

UFF! Fabio, der kleine Knirps, ist der Einzige, der beim Trauermarsch zum Grab bitterlich geweint hat. Jetzt steht er da und wartet, dass er die Rosenblütenblätter ins Grab hinab werfen darf. Ein kalter Regenguss macht uns allen zu schaffen. Pfarrer Nadolny lässt das “Vater Unser” reden, ich freue mich, dass ich etwas tun kann – und sei es mitbeten, nur nicht länger untätig unterkühlt bleiben. Schäufelchen hin und her und hier und Erde auf den Sarg gestreut und Blütenblätter hintendrein.

 

Ich bin an Papa erinnert. Sein Sarg hatte nach dem Herablassen schräg in der Kuhle gehangen. Ich bekomme ein schlechtes Gefühl, dass die Erinnerung plötzlich so gegenwärtig ist. Nun hat es mehrere Tode und mehrere Begräbnisse, abspeicherbar, und ich denke bei diesem (deinem!) an ein anderes und auch daran, ob dieser “Ort” mich dir oder Papa nahe bringen kann.

 

Es geht zurück zur Kapelle. Im Hier und Jetzt auf dem Kiesweg wird abwechselnd mit Rübe und Adelheid gesprochen, mit Anne, mit Fabio, mit Oma Neuss, Karin, Peter und Stefan und Klara und Karl Heinz, Onkel Wilhelm. Sie alle sollen erfahren, dass wir jetzt im Haus Rösgen die Trauerfeier haben.

 

Wir verlieren Rose Gericke und Frau Dobbs und Frau Spreer. Sie hatten im Stillen Abschied genommen, waren nun mit einem Mal weg.

 

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Walter und Anke – waren zuletzt auf meinem Geburtstag mit dir bei mir gewesen

 

Die Kapelle ist bereits zu, unsere Sachen finden wir im Keller. Pfarrer Nadolny und Frau Unverricht sind nicht mehr zugegen – ich spüre, dass der informelle Teil begonnen hat. So zieht die ganze Gesellschaft vom Friedhof auf die andere Sternbuschwegstraßenseite. Karin und ich haben Plätze im Haus Rösgen reserviert.

 

Hier zeige ich dir noch die Bilder, die wir während des Essens, des Abschied-Nehmens und während der Gespräche gemacht haben. Dann siehst du, wer da gewesen ist, wer was gegessen (na ja, nicht wirklich ein Leichenschmaus ;-) hat und die gute Nachricht zum Schluss:

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deine Enkel Fabio und Stefan

 

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Peter, Elke, Brigitte

 

 

Rübe, Karin, Onkel Wilhelm

 

Es kamen alle überein, dass wir in derselben Formation zu deinem Gedenken uns in exakt einem Jahr wiedertreffen. Toll! – Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ah, doch: Samira und Abdullah wären hinzuzufügen.

 

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Liebe Mama,
ein schwerer Tag geht zu Ende. Ein Leben auf Erden ist zu Ende. Deines. Keiner weiß nicht, woher wir kommen, keiner weiß, wohin wir am Ende gehen. Ich weiß nicht, ob du weißt, welchen Weg du gegangen bist. Ich weiß nur, dass du heute fehlst.

 

Ich weiß, dass ich einmal dort bin, später, wo du bist – wenn es das “dort” und das “du” dann dort noch gibt.

 

In Liebe,
deine Elke

 

 

 

Traueranzeige

13.05.2015 um 13:26 Uhr von Elke

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Mamas letzte Tage und Stunden

13.05.2015 um 13:26 Uhr von Elke

 

Liebe Familie, liebe Angehörige, Freundinnen und Freunde,

 

am Montag. dem 11. Mai, ist unsere Mutter gestorben. Viele von euch, so wie wir auch, haben noch ihren 88. Geburtstag am 7. April mit ihr gefeiert.

 

Wir haben in großer Runde zusammen gesessen, leckeren Kuchen gegessen und es uns mit ihr gut gehen lassen. Nach dem langen Winter streckten bereits die ersten Blumen in ihrem Garten die Köpfe in die Sonne. Für die Kinder hatte Oma Ostereier versteckt. Es war ein schöner Tag. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Karin, die die vielen Vorbereitungen übernommen hat.

 

Drei Tage nach ihrem Geburtstag fuhr ich mit Mama nach Essen zum Medion-Outlet. Wir wollten ihr einen schicken großen Fernseher kaufen. Den Spaß am Computer hatte sie nämlich verloren. Auch Bücher zu lesen, fiel ihr wegen der Augen schwer. Warum sich also nicht mit einer schönen neuen Flimmerkiste verwöhnen?

Bei Saturn fanden wir den Traum von einem Fernseher und stellten ihn noch am selben Abend bei ihr zu Hause auf.

 

Am Sonntag, dem 12. April, fuhr Mama mit Karin, Mondo und Fabio in den Grugapark nach Essen. Es war ein wunderbarer Tag. Doch sie hat zum Ende augenfällig schlapp gemacht.

 

Am Dienstag kam Samira und sie und Karin stellten fest, es wäre nicht zu übersehen, wie schlecht Mama ihre linke Seite koordinieren konnte. So fuhren sie sicherheitshalber ins Bethesda-Krankenhaus. Dort bekamen wir tags darauf die ernüchternde Diagnose: Zwei Hirntumore und mehrere kleine auf der Hirnhaut!

 

Das war ein Schock! Hatte sie doch im Februar erst etliche Krebs-Bestrahlungen hinter sich gebracht. Hatte sie auch endlich nach der langen gesundheitlichen Talfahrt wieder Hoffnung geschöpft – Sogar ein Urlaub in Garmisch-Partenkirchen mit Stefan war geplant.

 

Was tun? Der Arzt machte uns wenig Hoffnung, dass die Strahlentherapie zu ihrer alten Kondition führen würde, außerdem habe Mama Schwellungen im Hirn, deren Abklingen man abwarten müsse. Zwischenzeitlich verlor sie ihre linke Seite, sie war nun halb gelähmt. Der Arzt sagte, er rechne noch an diesem Wochenende damit, dass sie stürbe. Mamas Zustand verschlechterte sich auch am nächsten Tag, jetzt wurden ihr die Schmerzen im Bein unerträglich. Für uns war dieses rapide Abbauen schlimm mitzuerleben. Es hieß für uns, sie nicht nur zu besuchen, ihr Trost zu spenden, sie zu füttern, sondern auch zu entscheiden, ob wir sie nach Hause nehmen, oder ob sie für sich womöglich noch entscheiden würde, eine Strahlentherapie zu wollen. Aber selbst auf den Fall, sie nach Hause zu holen, waren wir nicht vorbereitet.

 

Tags darauf – es war der 25. April, hatte ich den Eindruck, es wäre ihr Sprachzentrum jetzt angegriffen. Mama klammerte sich an ihre letzten Worte. Ich hatte den Eindruck, sie würde die Worte verlieren, wenn sie sie nicht ausspricht.
Das letzte, was sie immer sagte, war: „Interesse ist da.“
Ich deutete es als letzten Fingerzeig, dass sie alles hört, fortan jedoch nicht mehr mit uns sprechen wird.

 

Waren wir anfangs noch unsicher, ob wir richtig gehandelt haben und ob wir mit der sterbenskranken Mutter zu Hause würden umgehen können, so schafften wir doch flott eine gute und abwechslungsreiche Routine. Zurück in der Lotharstraße übernahm der Pflegedienst die Nachtschicht, ich war von mittags bis zum frühen Abend bei ihr, Karin ab Abend, und wenn Karin arbeitsbedingt unterwegs war, kümmerte Mondo sich.

 

Ja, was gab es zu tun? Da sie nicht reden konnte, mussten wir hoffen, dass der angereichte Kaffee und mal ein Teelöffelchen Wein, auch ihr Freude bereiteten. Statt des miteinander Sprechens lasen wir vor – wahlweise aus Fabios Kinderbüchern, der Zeitung oder Fabelgeschichten. Einmal hatten wir einen göttlichen Spaß, als ich ihr Quizfragen stellte, denn lachen konnte sie noch. Karin war sich sicher, dass die Hörbücher von Donna Leon ihr gut taten, ich spielte ihr CDs mit Liedern vor. Zuletzt, am Muttertag, lösten wir Kreuzworträtsel, und ich las ihr über die Lage der Mütter in vielen Ländern der Welt vor.

 

Uns allen war klar, dass unsere gemeinsamen Stunden gezählt waren. Ein Krampf, der ihren Körper arg schüttelte, sorgte für weitere Medikamentierung mittels Tropf. Ihr Blick ging seitdem ganz nach innen und bis auf die regelmäßige Atmung hatten wir keine Zeichen von ihr. Doch selbst am Atemrhythmus war zu hören, dass Mama gemäß ihres letzten gesprochenen Satzes „Interesse ist da“, noch Erlebnisse verarbeitete. Einen letzten Händedruck bekam ich Freitag, zwei Tage vor ihrem letzten Lebenstag, geschenkt.

Gegen die Schmerzen hat sie Morphium erhalten. Wir alle hofften natürlich inständig, dass sie mit sich und dem nahenden Tod Frieden gefunden hat, da sie oft gesagt hat: „Wenn ich nicht mehr sprechen kann, will ich nicht mehr leben.“

 

Karin konnte sie am Montagmorgen, dem 11. Mai, gegen acht Uhr auf ihrer letzten Reise begleiten. Mit zwei Atemzügen, die ihr wie Seufzer über die Lippen kamen, beendete Mama ihr Leben.


Ruhe in Frieden, liebe Mama!