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Kondolenz
Weil Du es bist, lieber Gerd!
15.04.2021 um 16:18 Uhr von Holger KoschnickLieber Gerd,
ich habe Post bekommen, einen sehr schönen Brief, den ich selbst geschrieben hatte – eine Hommage für Dich zu Deinem 90. Geburtstag. Der Brief ist zu mir nach einigen Wochen zurückgekehrt. Er trug einen kleinen Aufkleber: „Empfänger soll verstorben sein.“
So habe ich davon erfahren, daß Du schon vorausgegangen bist. Ich bin ein wenig aufgewühlt gewesen und habe um Dich getrauert. Das ist Dir doch recht, oder?
Denn, weißt Du, Du hast mir viel bedeutet. Schon als wir uns kennenlernten, in meinen jungen Jahren, hast Du mir angeboten, mich von Deinen Möglichkeiten tragen zu lassen, um meine eigenen zu entfalten. Du hast mir so viel gegeben und mich dadurch in meiner Entwicklung sehr gefördert. Es gibt so vieles, was ich durch Dich erst kennengelernt habe und was noch heute zu meinem Leben gehört. Dafür danke ich Dir.
Auch in meiner Welt der Dinge gibt es einiges, was mich an Dich erinnert, wenn ich es mit Hand oder Blick berühre: Briefe, Bilder, Bücher, Keramiken, Gläser… lauter kleine Geschenke von Dir an mich. Ich habe sie bewahrt.
Aber für die großen Geschenke brauche ich keine Erinnerung, sie sind in mir lebendig und gegenwärtig: der Gedanken- und Gefühlsreichtum unserer Gespräche, Deine Sympathie und Dein Humor, Dein schlesischer Witz und Dein Sinn für Komik – ich höre dein Lachen in mir, mit dem Du auch mir über all die Widersinnigkeiten, Unzulänglichkeiten und Abgeschmacktheiten, die die Welt uns zu bieten hat, hinweggeholfen hast.
Große Geschenke, aber vor allem doch Dein Sinn fürs Schöne und das Angenehme, für den Selbstgenuß in der Daseinsfreude, Dein Interesse am Nützlichen und am Gutgemachten, Dein Freiheitssinn und Deine Herzensbildung, Deine Güte, Deine Mitmenschlichkeit, Deine Freundschaft… Bei Dir war ich gerne ich.
Alles das möchte ich in Dir ehren, und Du weißt ja, man ehrt das, was man wertvoll und kostbar findet.
Deshalb schreibe ich Dir, mein Freund, weil Du es bist und ich es bin, und ich jetzt mit meiner Trauer allein bin. Deshalb schreibe ich Dir diesen Brief an einen Toten. Du hattest so viel Sinn fürs Skurrile – ich höre Dich schon wieder lachen.
Weißt Du, die Toten verlassen uns nicht. Wir verlassen sie. Aber Du, mein Seelenfreund, wirst immer bei mir sein. Ich werde Dich nie vergessen.
Dein Holger
